Wie das Finanzamt das Kitesurfen inspirierte

Sylt. Eines ist klar: Das Windsurfen ist eng an den Aufstieg des Kitesurfings geknüpft. Die Idee, den Wind zum Wassersport zu nutzen, kann man getrost dem Windsurfen zuschreiben. Denn viele Entwickler der Kiteszene kommen ursprünglich aus dem Stehsegelbereich. Doch wem ist die Erfindung des Kiteboardings wirklich geglückt?
Schon früh nutzten Menschen die Kraft des Windes, um sich auf dem Wasser fortzubewegen. In China wurden bereits im 13. Jahrhundert Drachen eingesetzt, um Boote zu ziehen. Besonders populär war diese Technik in Asien, wo sie sowohl für den Fischfang als auch für den Transport genutzt wurde. Und in Europa sollten wir dem Finanzamt Essex-Nord dankbar sein: Im 18. Jahrhundert gab es dort Steuern, die nicht so weit weg von dem sind, was wir heute an den Staat bezahlen. Es gab sogar eine Art Kraftfahrzeugsteuer – ihrer Zeit weit voraus. In Ermangelung von Motoren wurden diese Steuern einfach auf Pferde erhoben.
Natürlich rief das Nörgler und Kritiker auf den Plan, jedoch auch findige Tüftler, die dieser Steuer entgehen wollten. So entstand einer der ersten Kiteschirme der westlichen Hemisphäre. George Pocock nutzte ein Vierleinersystem, das den heutigen Systemen nicht unähnlich war. Allerdings benutzte er es nicht, um auf dem Wasser herumzuflitzen – seine Idee war, dass er gar keine Pferde braucht, um seine Kutsche ziehen zu lassen, sondern nur den Wind nutzt. So wurde das Kiten um 1750 zum frühen Steuersparmodell. 1909 überquerte Samuel Cody mit einem Kite und einem kleinen Faltboot aus Leinen den Ärmelkanal. Ab diesem Zeitpunkt verliert sich die Geschichte im Weltgeschehen. Der Erste Weltkrieg sorgte zweifelsfrei für weitere Technologiefortschritte – dokumentiert wurde dies jedoch nicht. Ende der 1970er Jahre kam der Einfluss der Luftfahrttechnik dazu. Durch neue Erkenntnisse entstand ein neuer Kitesport. Ian Day erreichte mit seinem Katamaran 40 km/h.
Doch es sollte einem Niederländer, Gijsbertus Adrianus Panhuise, zugeschrieben werden, das erste Patent auf ein Kiteboard angemeldet zu haben – im Jahr 1977. Die Idee, ein Board mit einem Drachen zu ziehen, spielte ihre Rolle.
So fristete das Kiten sein Dasein zwischen Fallschirm-, Surf- und Segelsport. Der Franzose Dominique Legaignoux entwickelte in den 1980er Jahren den ersten aufblasbaren Kite, der als Vorbild für die heutigen Modelle gilt. 1997 ließ sich Legaignoux den Tubekite patentieren.
In den folgenden Jahren wurde das Kiteboarding immer populärer und entwickelte sich rasant weiter.
Es gibt viele Pioniere, die an der Idee arbeiteten: Bill Roeseler und seine Brüder, Cory Roeseler, Dominique und Bruno Legaignoux, Bill Laufer, NASA und Manu Barth, Salles, Laurent, Ness sowie Laird Hamilton und Manu Bertain – sie alle trugen einen Teil dazu bei, aus diesem riesigen Stück Kohle einen Diamanten zu zaubern.
Die einzelnen Entwicklungsschritte in der Technik passierten beinahe zeitgleich und innerhalb von zwei Jahrzehnten. Doch zum Durchbruch verhalf ein alter Bekannter: Robby Naish erkannte das kommerzielle Potenzial und trieb den Sport mit seinem einzigartigen Marketingvermögen und seinem großartigen Entwicklerteam voran. Er selbst war bereits dreimal Weltmeister auf dem Kiteboard geworden, bevor er im Jahr 2000 seine aktive Karriere an den Nagel hing. Auf der „ISPO 2000“ gewann er den „Brandnew Award“ – so etwas wie die Oscarverleihung im Sportbereich – mit seinem Kite-Equipment. Obwohl es bis zu diesem Zeitpunkt sowohl Hersteller als auch Meisterschaften gab, wird Robby als einer der Antreiber genannt. Seine Strahlkraft gab dem Sport nochmals einen Boost. Im Laufe der Jahre wurde das Kitesurfing immer sicherer und vor allem sichtbarer, während sich die Anzahl der Aktiven vervielfachte. Kurze Zeit später löste das Kitesurfing das Windsurfen als führende Wassersportart ab.
Viele Windsurfer der ersten Stunde wechselten zu dem – nicht nur logistisch gesehen – einfacheren Sport. Braucht man für den Transport der Windsurfausrüstung einen Kleintransporter oder wenigstens einen Kombi, reicht für das Kiten ein Kleinwagen – zur Not tut es auch ein Fahrrad. Und das Lernen gestaltet sich ebenfalls um ein Vielfaches leichter. Hinzu kommt, dass Kitesurfing bei Weitem nicht die körperliche Fitness verlangt, wie es beim Windsurfen der Fall ist.
Aber wo viel Licht ist, gibt es auch Schatten. Kitesurfing ist nicht überall erlaubt. Ähnlich wie bei den Anfängen des Windsurfings gibt es auch hier selbsternannte Autodidakten, die mit ihrem Wirken eine Gefährdung ihrer Umwelt darstellen. Dies führte zu Verboten, die es dem Sport nicht leicht machen. In kaum einem Revier im Binnenland ist das Kiten auf Wasserflächen erlaubt. Training, Schulungen und das Wissen um Thermik und Wind sind notwendig, um den Sport sicher auszuführen.
Das Kiteboarding unterliegt – wie viele andere Wassersportarten – dem ständigen Wandel. Mit dem Wingsurfing ist eine eigentlich gar nicht so neue Sportart stark im Kommen. Es ist derzeit nicht nur auf dem Wasser das Top-Thema. Auch auf offenen Parkplatzflächen, speziell auf Sylt, sieht man die Wings nun öfter. In Kombination mit dem eigens dafür konstruierten Foilboard gewinnen die Flügel immer mehr an Bedeutung.
Foilboards? In Leichtwindbedingungen sind diese perfekt für den schnellen Surf.
Die Finnen der Boards schauen aus wie eine Antennenanlage und haben je nach Ausführung messerscharfe Kanten. Im Grunde funktionieren sie wie Flugzeugflügel und erleichtern ein schnelles Angleiten. Bereits in den 1980er Jahren stand Tom Magruder mit einer Art Wing auf dem Board. Wie es scheint, nähern sich Windsurfen und Kitesurfen durch diese Hybridsportart an. Die Rivalität zwischen den beiden Sportarten hat Tradition. Sowohl die Stehsegler (Kiter über Windsurfer) als auch die Standmuschelsurfer (Windsurfer über Kiter) nutzen den Flügel – und haben eine Menge Spaß auf dem Wasser und an Land.
Auf Sylt gibt es einige Wassersportschulen, die diese faszinierenden Sportarten lehren. Aus ganz Europa kommen im Sommer Lehrer an die Nordseeküste, um den Gästen die Sprünge und Kniffe des Kite- oder auch des Wingsurfings beizubringen. Wir sehen uns auf dem Wasser!
Geschrieben von: Alex Lenz / veröffentlicht am: 18.06.2025