Einsatzbereitschaft trifft auf Politik
Blumenkübel und Winterwelt

Sylt. Die Gemeindevertretung Sylt tut sich weiterhin schwer mit dem Schulterschluss zwischen Politik und Sylter Wirtschaft – und zeigt sich konzeptlos, wenn es um die Zukunft der Insel unter schwierigen Haushaltsbedingungen geht.
Zwei Initiativen, ein Muster: Die Diskussionen um Pflanzkübel und Winterwelt zeigen exemplarisch, wie groß die Lücke zwischen Anspruch und Umsetzung ist und wie schwer sich die Sylter Kommunalpolitik mit privatwirtschaftlicher Initiative tut.
86.000 Euro, 40 Pflanzkübel, viel Eigenleistung und eine große Portion Frust: Die Aktion des Vereins Sylter Unternehmer (SU) hat erneut die politische Bühne der Insel beschäftigt. Was als sichtbar blühendes und sehr positives Zeichen für mehr Aufenthaltsqualität gedacht war, endete in einer knappen und zugleich ernüchternden Entscheidung: Die Gemeindevertretung lehnte die Annahme des Angebots in seiner vorgelegten Form ab – und machte stattdessen ein eigenes Gegenangebot, das keinerlei verbindliche Zusagen zur Nutzung oder Pflege enthielt.
Das ursprüngliche Angebot des Vereins war dabei durchaus weitreichend: Neben der Schenkung legten die Unternehmer ein detailliertes Kooperationskonzept vor – samt Pflegeplan, saisonaler Dekoration und einem transparent kalkulierten Kostenrahmen. Für rund 30.000 Euro jährlich hätte man die Bepflanzung übernommen, die Bewässerung zusätzlich für etwa 7.400 Euro. Die Gemeinde jedoch entschied sich gegen die Annahme dieses Vorschlags und erklärte stattdessen nur die Übernahme des Eigentums – ohne jede Verpflichtung zur Umsetzung.
Die CDU und die SWG stimmten für die Schenkung „ohne Auflagen“, bei den Insulanern war man gespalten. Die SPD bemängelte die Farbe der Kübel, die Grünen sprachen von „spontaner Symbolpolitik“.
Der Bauhof erklärte, keine Kapazitäten für die Pflege zu haben, während SPD-Fraktionschef Peter Marnitz die Pflanzgefäße mit Mülltonnen verglich – inklusive Seitenhieb:
„Remondis leere schließlich auch alle zwei Wochen die Tonnen, da könne man die Kübel gleich dazustellen.“
Die Debatte war nicht nur inhaltlich kontrovers, sondern auch im Ton ungewöhnlich scharf.
Dass ein durch die lokale Wirtschaft gestiftetes Projekt auf derart wenig politischen Konsens stößt, sorgte selbst unter langjährigen Beobachtern des kommunalen Geschehens für Verwunderung.
Auch die Winterwelt steht 2026 auf der Kippe
Wenige Tagesordnungspunkte später folgte der nächste Dämpfer: Die „Winterwelt Sylt“ wird 2026 wohl nicht stattfinden können. Nachdem die Veranstalter Kiki Schneider und Carsten Karst das Projekt vom Winter 2025 ins Folgejahr verschoben hatten, verweigerte die Gemeindevertretung die Übertragung des zuvor bewilligten 100.000-Euro-Zuschusses ins nächste Haushaltsjahr. Das Votum endete mit einem politischen Patt: 13 zu 13 – Antrag abgelehnt.
Zwar bekannten sich CDU und SWG grundsätzlich zur Idee einer Winterwelt mit Eisbahn und Illumination. Ein verbindliches Konzept müsse aber bis Januar 2026 vorgelegt werden. Grüne und SSW ging das zu weit – sie wollen erst auf Grundlage der Haushaltslage entscheiden. Für Irritation sorgte eine Formulierung des SSW, in der sogar infrage gestellt wurde, ob die Veranstalter „nächstes Jahr überhaupt noch leben“.
Auch bei den Insulanern überwogen Zweifel: Man wolle keine Eisbahn fördern, wenn dadurch andere freiwillige Leistungen im Gemeindehaushalt gefährdet würden. Doch die zentrale Frage blieb unbeantwortet: Wenn solche Projekte nicht gefördert werden können – was ist dann der Plan? Wie soll wirtschaftliche Standortentwicklung auf der Insel künftig aussehen, wenn neue Impulse aus der Wirtschaft abgelehnt werden und gleichzeitig keine Alternative aufgezeigt wird?
Die beiden Fälle zeigen exemplarisch, wie schwer sich die Gemeinde Sylt mit dem Schulterschluss zwischen Wirtschaft, Bürgerschaft und Politik tut. Trotz guter Ideen und konkreter Angebote gelingt es nicht, daraus gemeinsame Lösungen zu entwickeln. Stattdessen dominieren Misstrauen, Detailkritik und parteipolitisch motivierte Abgrenzung.
Das Risiko liegt auf der Hand: Wenn Initiativen wie diese versanden, weil Entscheidungswege zu lang oder der Ton zu konfrontativ sind, verlieren auch engagierte Akteure irgendwann die Motivation. Und dabei drängt sich eine grundsätzliche Frage auf: Wie will Sylt in Zeiten mit zukünftigem knappem Haushaltsmittel wirtschaftlich eigentlich weiterkommen oder den heutigen Status halten?
Geschrieben von: Redaktion / veröffentlicht am: 29.07.2025