Wohnraummangel auf Sylt:
Zu wenig, zu teuer oder ganz anders?

Insel Sylt. Die Wohnraumsituation auf Sylt ist seit Jahren ein drängendes Thema. Und im Rahmen der Baurechtskrise wird über Ursachen und Lösungsansätze zur Entspannung diskutiert. Zu Recht?
Die Frage dürften die Meisten mit einem klaren JA für sich beantworten. Denn zuviel bezahlbaren und attraktiven Wohnraum kann es kaum geben. Aber lässt sich die Wohnraumversorgung auch im Vergleich zu anderen Orten objektivieren?
Fehlender und bezahlbarer Wohnraum sind kein ausschließliches Sylter Problem. Deutschlandweit wird über steigende Mieten und hohe Immobilienpreise geklagt. Die Lage spitzt sich in Gebieten mit hoher Nachfrage und geringem Angebot besonders zu.
Und dazu zählen Hamburg, München und Sylt funktionell gleichermaßen. Doch um welche Art von Wohnraum ist es auf Sylt eher gut oder eher schlecht bestellt? Woran mangelt die Wohnraumversorgung wirklich, um die Bedürfnisse seiner Bewohner zu befriedigen?
Es geht um mehr als nur Mietwohnungen – alarmierend geringe Eigentumsquote
In Schleswig-Holstein wohnt nahezu jeder zweite Haushalt im selbstgenutzten Eigentum. Die andere Hälfte der Bevölkerung ist Mieter. Für Sylt geht man von einer alarmierend niedrigen und sinkenden Eigentumsquote aus, die bereits unter 30% liegen dürfte. Wie wird die Zahl ermittelt? Auf der Insel sind ca. 18.000 Hauptwohnsitze gemeldet. Es entspricht der allgemeinen Lebenswahrheit, dass unter diesen Hauptwohnsitzen vermutlich ein paar tausend lediglich als Hauptwohnsitz gemeldete Zweiwohnsitze sind. Echte Hauptwohnsitze dürften mithin bei nicht über 16.000 liegen. Die Insel verfügt über ca. 5.800 Mietwohnungen. Die durchschnittliche Haushaltsgröße liegt bei gut zwei Personen. Mithin können wir davon ausgehen, dass ca. 11.000 bis 12.000 Einwohner in Mietwohnungen leben. Dies entspricht einer Mieterquote von rund 72,5% und einer Eigentumsquote von nur ca. 27,5%.
Der Trend der Verkäufe von Sylter Wohneigentum im Erbfall wird sich spätestens mit dem Ableben der geburtenstarken Kohorte der sog. Babyboomer (Geburtenjährgänge 1950 bis 1964) verstärken. Wer 1950 geboren wurde hatte als Mann zum Zeitpunkt seiner Geburt eine Lebenserwartung von etwas 67 Jahren, wer 2020 geboren wurde immerhin schon von etwas 78 Jahren. Der Erbgang der Babyboomer wird sich in den nächsten 5-15 Jahren unweigerlich intensivieren. Aus den Gesprächen mit Steuerberatern ist zu entnehmen, dass die meisten Familien wirtschaftlich schwerlich in der Lage sein werden, die Immobilien an die nächste Generation zu vererben – insbesondere wenn mehr als ein Erbe vorhanden ist.
Wer nicht nur einseitig über Wohnraumsituation auf Sylt sprechen möchte, der muss die Herausforderung für die Eigentumsquote mitdenken. Sylt darf als ländlich einzuordnende Region eine Eigentumsquote von rund 50% anstreben. Folglich sind Maßnahmen abzuleiten, die eine Erhöhung und Stabilisierung der Eigentumsquote ermöglichen. Geeignet ist im Wesentlichen nur das Erbpachtmodell, bei dem Sylter auf ausgewiesenen Grundstücken der Gemeinde Häuser für ihre Familien bauen dürfen. Denn nur die Erbpacht schützt das Eigentum auf Generationen vor den kaum zu meisternden Herausforderungen der Immobilienerbschaft. Voraussetzung ist selbstredend, dass die Erbbaurechte derart gestaltet sind, dass diese vererbt und bei bestimmungsgemäßem Gebrauch praktisch unbegrenzt häufig verlängert werden können über die Generationen. Erbpachtgrundstücke können in Neubaugebieten ausgewiesen werden. Oder auf bestehenden innerstädtischen Grundstücken (sofern städtebaulich vertretbar) begeben werden, sofern diese zuvor in gemeindliches Eigentum gebracht wurden.
Mangelt es Sylt an Mietwohnungen?
Auch wenn bundesweit ein Mangel an bezahlbaren Wohnungen vorherrscht, so entbindet dieser Umstand die Insel natürlich nicht davon alles Erdenkliche zu unternehmen, um der Bevölkerung ein möglichst großes Angebot an attraktivem Wohnraum mit erschwinglichen Mieten machen zu können.
Von den ca. 5800 Mietwohnungen auf der Insel sind rund 2.100 im Eigentum gemeindeeigenen kommunalen Liegenschaftsmanagement (KLM) und der GEWOBA NORD. Eine derart hohe Quote von geförderten und kommunalen Mietwohnungen findet sich Außer im Europameister Wien schwerlich.
Mit dem KLM unter der Leitung von Marcus Kopplin hat Sylt eine schlagkräftige Immobiliengesellschaft, die in beeindruckendem Tempo und solider Wirtschaftsweise Mietwohnungen baut und modernisiert. Wenn wir möchten, dass noch mehr Mietwohnungen mit möglichst niedrigen Mieten entstehen, dann ist die Marschroute dem KLM mehr Gelder zuzuweisen aus dem Gemeindehaushalt und den Weg für Baugrundstücke freizumachen.
Im Big picture allerdings darf man festhalten, dass aktuell ca. 500 Mietgesuche registriert sind und rund 600 Wohnungen allein bei der KLM im Bau und in der Planung befindlich sind. Hinzukommen rund 300 neue Mietwohnungen in List im Dünenpark, die zwar attraktiv sind, jedoch mit wirtschaftlich unvermeidlichen Mieten von über 20 Euro keine dauerhaft attraktive Alternative bieten. Wer Sylt ein Mietwohnungsproblem attestieren möchte, der sollte es im Vergleich zu anderen Regionen betrachten und würdigen, dass es für so manche Wohnungssuchende ledgilich um eine Verbesserung der Wohnsituation geht, nicht immer nur um die grundsätzliche Versorgung mit einer Wohnung.
Bezahlbarer Mietwohnraum: Eine Herausforderung
So einfach ist es ohne Bezuschussung der Wohnungsbaugesellschaft nicht. Selbst bei vergleichsweise günstigen Grundstücken und moderaten Baukosten ist es nicht möglich, Kaltmieten unter 20 Euro pro Quadratmeter ohne Subventionen anzubieten. Ein Beispiel hierfür sind die Dauerwohnungen auf dem ehemaligen Kasernengelände in List. Trotz moderater Kaufpreise von 7.000 bis 8.000 Euro pro Quadratmeter finden sich kaum Einheimische, die diese als Eigennutzer erwerben können. Auch Investoren, die diese Wohnungen vermieten möchten, stoßen auf Schwierigkeiten bei der Finanzierung. Bei Anschaffungskosten einschl. Grundsteuer und Grundbuchkosten von etwa 8.200 Euro pro Quadratmeter wären Kaltmieten von rund 34 Euro pro Quadratmeter erforderlich, um bei Zinsen von 3% sowie Tilgung / Abschreibung von 2-3% kostendeckend zu wirtschaften. Da Mieten von mehr als 20 Euro pro Quadratmeter am Markt kauf kaum erzielbar sind, entsteht eine finanzielle Lücke, die ohne Baukostenzuschüsse oder andere Formen der Querfinanzierung zu einer Schieflage führen.
Fazit: Handlungsbedarf für bezahlbaren Wohnraum
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Redaktion / veröffentlicht am: 05.03.2025