Mit Peter Douven über den Flughafen im Gespräch
Weniger Airliner, mehr Passagiere
Foto: Flughafen Sylt GmbHInsel Sylt. Wie hat sich der Flughafen Sylt in diesen bewegten Zeiten entwickelt? Die Pandemie hat er spätestens seit diesem Jahr vollständig hinter sich gelassen, die eher links- als klimamotivierten Straftaten einiger weniger Profilneurotiker im Frühsommer hoffentlich auch. Wie also steht der Flughafen aktuell da? Und in welche Richtung wird er sich bis zum Jahresende entwickeln? Was ist zu sagen zum Thema Sicherheit auf dem Flughafengelände? Unser Redaktionsmitglied Heiko Wiegand ist mit dem Geschäftsführer der Flughafen Sylt GmbH, Peter Douven, ins Gespräch gekommen.
Herr Douven, der Flughafen müsste doch, jedenfalls aus Sicht des Außenstehenden, ganz gute Zahlen schreiben – nach der Pandemie und vor allem wie sich die Insel seither doch recht positiv entwickelt hat.
Kann man denn jetzt schon grob prognostizieren, wo wir im Dezember wahrscheinlich etwa landen werden?
Eine grobe Schätzung geht, ja. Aber ich wundere mich ein wenig über Ihre Einführung, denn ob der Insel-Tourismus so gut gelaufen ist in diesem Jahr, das wage ich zu bezweifeln. Das glaube ich noch nicht. Am Ende werden wir bei der Zahl der Übernachtungen – und das ist die wichtigste Kennziffer, bei einem knappen Minus im Vergleich zum Vorjahr rauskommen. Wenn es sehr gut läuft jetzt im Herbst, dann kommt am Ende vielleicht eine Null raus, aber mehr nicht.
Aber in Schleswig-Holstein sehen die jüngst veröffentlichten Zahlen doch gar nicht so schlecht aus…
Ja, aber diese Zahlen sind alt, sie liegen schon drei Monate zurück. Die wichtigste Zeit ist die Hochsaison, denn da ist das Volumengeschäft drin. Was dann rauskommt, das warten wir mal ab. Und außerdem, das haben die ganzen letzten Jahre schon gezeigt – auch schon vor Corona –, dass die Ostsee sich immer besser entwickelt hat als die Nordsee. Wenn also am Ende positive Zahlen für Schleswig-Holstein rauskommen sollten, dann hat das mit der Ostsee zu tun. Diese Region entwickelt sich seit Jahren besser als die Nordsee.
Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Das hat damit zu tun, dass dort viele Hotelneubauten stehen. Die gute Entwicklung an der Ostsee hat aber auch damit zu tun, dass sie einfach besser erreichbar ist. An der Nordsee sieht das anders aus.
Haben Sie da ein Beispiel?
Ja, bespielsweise in St. Peter. Im Sommer wurde ein Minus von 5,7 Prozent bei den Übernachtungen im Vergleich zum Vorjahr gezählt. Es ist zwar nur ein Zwischenbericht. Aber das signalisiert, dass es an der Nordsee mindestens anders läuft als an der Ostsee.
Was prognostizieren Sie vor diesem Hintergrund für Sylt?
Ein Minus von zwei Prozent bei den Übernachtungen im Vergleich zum Vorjahr halte ich für eine realistische Größenordnung.
Zu Jahresbeginn hatten Sie bereits prognostiziert, dass wir dieses Jahr wahrscheinlich nicht ins Plus laufen werden, was die Übernachtungszahlen betrifft…
…Eben. Mich erschreckt die Entwicklung vor diesem Hintergrund auch nicht, weil meine Prognose zu Jahresbeginn auch im negativen Bereich lag. Ich hätte mich gerne getäuscht, aber so sieht es aus.
Kommen wir zur Entwicklung des Flughafens…
… die sich analog zur Entwicklung der Übernachtungszahlen verhält…
… Bedeutet konkret?
Wir haben bei den Flugbewegungen ein deutliches Minus, der Luftverkehr hat also abgenommen. Aber wir haben mehr Passagiere.
Sind die Flugzeuge größer geworden?
Nein, Die Flugzeuge sind gleich groß, aber besser ausgelastet. Und das trotz höherer Preise. Und das wiederum zeigt deutlich, dass die Leute fliegen wollen. Das hat auch etwas mit dem Thema Lebensqualität zu tun.
Können Sie die Entwicklung in Zahlen fassen?
Allein im Monat August hatten wir fast 23 Prozent weniger Landungen als im Jahr zuvor. Kräftig weniger als im Vorjahr, aber trotzdem eine satte Passagiersteigerung von 10,4 Prozent. Das ist schon extrem gegenläufig. Und im ganzen Jahr auch: fast zwölf Prozent weniger Luftverkehr für den Flughafen, aber fast fünf Prozent mehr Passagiere.
Insgesamt kann man also für dieses Jahr von Januar bis Ende August sagen,…
…fünf Prozent mehr Passagiere, aber elf Prozent weniger Flüge.
Und hochgerechnet für das Gesamtjahr würde das bedeuten?
2022 hatten wir knappe 13.000 Flüge und werden jetzt zum Jahresende bei etwa 11.600 landen. In 2022 hatten wir knapp 120.000 Passagiere und werden in diesem jahr bei etwa 125.000 landen. Das ist also für einen Flughafen eine gesunde Entwicklung. Weniger Flüge bedeutet weniger Lärm und weniger Emissionen – und trotzdem mehr Passagiere. Das ist sehr gut. Aber das darf natürlich nicht ewig so weitergehen mit immer weniger Flügen, denn sonst kommt man irgendwann in eine kritische Masse.
Verglichen mit anderen Regionalflughäfen in Deutschland – wie steht der Flughafen Sylt denn in dieser Frage da?
Schauen Sie sich Kassel an oder Erfurt, auch Lübeck. Flüge von dort finden überwiegend in die Warmwasserzone statt, denn die touristische Entwicklung tendiert dorthin. Die Ziele im Ausland laufen. Eine innerdeutsches Netz wie wir haben die anderen Regionalflughäfen in Deutschland sämtlich nicht.
Sind Sie also im nationalen Vergleich soweit zufrieden?
Total! Es war immer unser Ziel, dass wir unser Netz behalten. Das ist komplett stabil und darüber freue ich mich. Und die beiden Auslandsflughäfen, die wir haben, Zürich und Luxemburg, entwickleln sich auch gut. Zürich ist hochstabil und Luxemburg haben wir ja erst seit zwei Jahren. Das muss man sehen.
In diesem Zusammenhang: Sind Sie denn in der Akquise, neue Ziele zu finden, das Netz also noch auszubauen?
Nein. Das macht tatsächlich keinen Sinn. Wir sehen keine neuen Abflughäfen. Wir sehen keinen Sinn, dass man noch etwas erschließen kann.
Letzte Frage: Nach den Erfahrungen mit diesen Klimaaktivisten ja nicht nur bei uns auf dem Flughafen Sylt, sondern zuletzt auch in Hamburg – diese Leute brechen durch den Zaun ein und zerstören fremdes Eigentum mit einem Schaden, der locker in die Hunderttausende geht. Mancher macht sich jetzt Sorgen, dass da auch andere Leute auf das Flughafengelände kommen könnten und Dinge an Flugzeugen anbringen, die da weiß Gott nicht hingehören…
… Das hängt für mich ganz eng zusammen mit dem, was wir in der Politik sehen – und sicher auch am Wahlverhalten. Es ist eine Unzufriedenheit da mit der Sicherheitspolitik. Und da spielen auch die Flughäfen eine Rolle. Der Sicherheitslevel auf unserem Flughafen ebenso wie auf allen deutschen Flughäfen ist extrem hoch. Am Boden an die großen Fluzeuge ranzukommen, ist so gut wie unmöglich. Da wären schon mehrere Strecken notwendig, die überwunden werden müssten. Wenn das einer täte, dann würde der Flieger nicht mehr starten, alles würde vorher noch einmal überprüft und kontrolliert.
Und etwas ins Flugzeug reinzukriegen…
… ist nahezu unmöglich, weil jedes Gepäckstück vorher gescreent wird. Und an die Gepäckstücke kommt keiner mehr ran. Das ist so gut wie ausgeschlossen. Das Risiko solcher Aktionen besteht allerdings darin, dass alles zeitlich durcheinander kommt.
Und was kann man dagegen tun?
Es gibt da ganz obskure Ideen. Mehr Kameras beispielsweise. Kann man machen. Aber bis die Sicherheitsmitarbeiter da sind, hat der sich schon durch den Zaun geschnitten und festgeklebt. Das dauert nur Sekunden. Und ich kann nicht alle zehn Meter einen Mitarbeiter sitzen haben.
Und ein zweiter Zaun?
Ganz ehrlich: der gleiche Unfug! Habe ich die Drahtschere in der Hand, schneide ich mich in der fast gleichen Geschwindigkeit auch durch den zweiten Zaun. Das bringt alles nichts.
Keine Alternativen für mehr Schutz von sensibler Infrastruktur?
Ein Hochsicherheitszaun wie früher an der innerdeutschen Grenze ist nicht vorstellbar, das ist absurd.
Wo sehen Sie vor diesem Hintergrund eine Lösung?
Man muss stärker in die Sanktionierung hinein. Heißt konkret: Es geht um Gesetzesänderungen. Im Moment sprechen wir von Sachbeschädigung. Da hört mein Verständnis auf.
Und was schlagen Sie vor?
Das muss soweit gehen, dass der Schaden, der verursacht wurde, dann durch diejenigen, die ihn herbeiführen, auch getragen werden muss. Und wenn die Täter leere Taschen haben, dann muss es eben zu Tagessätzen abgearbeitet werden. Sonst hört das ja nie auf. Es muss sich vor allem etwas ändern, wenn es darum geht, den Schaden zu bezahlen.
In einem Satz Zusammenfassung würden Sie zur Entwicklung des Flughafens also sagen, …
… Ich hatte in der wirtschaftlichen Entwicklung des Flughafens mit einem leichten Minus kalkuliert. Wir haben weniger Flüge, aber mehr Passagiere. Insofern ist die Sache gut ausgegangen. Unser Ergebnis wird leicht positiv sein. Und das ist im Rahmen der Bewertung eines Regionalflughafens immer noch einmalig.
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Geschrieben von: Redaktion / veröffentlicht am: 03.10.2023