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170 Mutterschafe auf dem Ellenbogen – Rangerin muss immer wieder Regeln von Besuchern einfordern

Von beleidigend bis handgreiflich

Foto: Ulrike Bergmann Jürgen Wolf-Diedrichsen und Stella Kinne bei den Schafen am Ellenbogen: Manche Leute sind einsichtig, andere werden patzig, gar beleidigend oder handgreiflich. Die Kamera der Rangerin ist aus eben diesem Grund immer eingeschaltet, wenn sie auf dem Ellenbogen unterwegs ist.

List. Wenn Jürgen Wolf-Diedrichsens grüner Pickup unterhalb des Leuchtturms auftaucht, sind seine Mädels richtig aufgeregt: 170 Mutterschafe hält der Lister auf dem nördlichsten Zipfel der Insel, und wenn die am frühen Morgen sein Auto sehen, klappern sie mit dem Besteck: Futter! Aber zackig! Sobald er die Autotür öffnet, umringen ihn Wattebäuschchen auf vier Beinen. Mit seinem schwarzen Futtereimer schiebt sich Wolf-Diedrichsen durch die Menge und blökt dabei mit ihr um die Wette: „Megggggie, Meggggie, Megggge…“ Im Zweifel heißen seine Schafe alle Meggie und wenn sie seinen Ruf hören, trauen sich auch diejenigen, die eben noch schüchtern abseits des großen Gewühles standen, an die lange Holzkrippe. „Von Dezember bis April füttere ich sie. Ansonsten leben die Schafe von Gras, Heide und Strandhafer. Sie nehmen ihren Job, die Verbuschung der Flächen zu verhindern, sehr ernst“, erklärt der Bauer, der eigentlich studierter Betriebswirt ist, und kippt die Pellets aus. Sofort verstummt das Blöken: gefräßiges Schweigen.

Da rollt ein weiteres Auto über die Betonstraße zwischen Dünen und Heide. Am Steuer: Stella Kinne. Die Rangerin ist seit Januar bei den Listlandeigentümern, den Besitzerfamilien des Ellenbogens, angestellt. Ihr Job ist die Sicherung der Lebensqualität aller Bewohner des Naturschutzgebiets. Eine Herausforderung! Besonders jetzt, in der Brut- und Setzzeit.
Ulrike Bergmann kam mit Stella Kinne und Jürgen Wolf-Diedrichsen ins Gespräch.

Welche Tiere erwarten hier gerade Nachwuchs?
Stella: Alle! Schafe, Seehunde, Vögel. Und viele Bodenbrüter wie Seeschwalben und Feldlerchen.

Welche Regeln gibt es zu ihrem Schutz?
Stella: Es sind nur zwei: Leinenpflicht und dass alle Besucher auf den ausgewiesenen Wegen bleiben.

Was machst du, wenn jemand dagegen verstößt?
Stella: Ich spreche ihn an, erkläre die Regeln, zeige die Hinweisschilder.
Jürgen: Und dann hört man nur Ausreden! Davon wusste ich nichts, mein Hund jagt nicht…
Stella: Genau! Standard-Ausreden! Manche Leute sind einsichtig, andere werden patzig, beleidigend oder handgreiflich. Jürgen ist sogar schon getreten und geschubst worden.
Jürgen: Einmal hat mich auch ein Hund angegriffen, der zwei Schafe wie im Blutrausch zu Tode gebissen hatte. Während der Besitzer hilflos in den Dünen stand. Das macht mich so was von wütend! Auch wenn die Hundehalter die Tierarztrechnung, das sind schnell 1.000 Euro, zahlen beziehungsweise in diesem Fall den finanziellen Wert der Schafe ersetzen müssen.

Wegen diesen Leuten hat Stella eine Kamera an ihrer Jacke. Wann schaltest du sie ein?
Stella: Sie ist immer an. Weil ich vorher nicht weiß, ob ein Gespräch eskaliert. Wenn die Angesprochenen einsichtig sind, lösche ich die Aufnahme. Wenn nicht, ist sie ein Beweisstück für die Anzeige bei der Polizei.

Ihr zeigt jeden an, der sich nicht an eure Regeln hält?
Jürgen: Jeden! Und er bekommt ein Betretungsverbot für den Ellenbogen. Bisher waren wir zu oft nachsichtig, aber die Verstöße nehmen massiv zu! Immer wieder gerissene oder von freilaufenden Hunden ins Watt getriebene Schafe, zertrampelte Anpflanzungen, liegengelassener Müll… Wir hoffen, mit Stellas Hilfe auf mehr Rücksichtnahme.

Stella, ist das für dich ein Job mit festen Arbeitszeiten?
Stella: Nein. Gerade wenn zu Ostern schönes Wetter ist, bin ich einfach immer hier.

Was ist das Schöne an deinem Beruf?
Stella: Die Umgebung! Und dass ich etwas für ihren Erhalt tun kann. Gerade bepflanze ich illegale Trampelpfade am Leuchtturm mit Strandhafer. Das schützt die Düne. Ich darf darauf aufpassen, dass hier alle in Ruhe leben können.
Jürgen: Besonders schön ist es morgens. Wenn die Tiere auf mich warten, man nur das Gezwitscher der Feldlerchen hört… Diese Zeit gibt Kraft für den ganzen Tag. Dieses Gebiet für die nächste Generation so zu erhalten, wie wir es von unseren Vorfahren übernommen haben, das ist unser Ansporn.


Geschrieben von: Ulrike Bergmann / veröffentlicht am: 28.03.2024
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