Mögliche Folgen für Verkehr und öffentliche Sicherheit
Tinnumer Brücke vor ungewisser Zukunft
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Tinnum. Die Brücke der Keitumer Landstraße über die Bahntrasse, besser bekannt als Tinnumer Brücke, ist in bedenklichem Zustand. Noch vor rund fünf Jahren hatte der damalige Bürgermeister im Ortsbeirat Tinnum betont, das Bauwerk sei in Ordnung. Der Ortsbeirat hatte allerdings nicht ohne Grund nachgefragt: Schon damals war der sichtbare Zustand der Brücke Anlass zur Sorge, verschärft durch die Nutzung als Umleitungsstrecke während der Bauarbeiten an der Hauptverkehrsachse in Westerland, die das Verkehrsaufkommen deutlich erhöhte.
Das Bauwerk stammt aus dem Jahr 1970 und verbindet den nördlichen Teil Tinnums mit dem südlich der Gleise gelegenen Wohngebiet und der Keitumer Landstraße. Eine Hauptprüfung im Mai 2025 bescheinigte nun den Zustand „unzureichend“: Note 4,0. Zahlreiche Schäden an Beton und Stahl beeinträchtigen die Dauerhaftigkeit, Verkehrssicherheit und teilweise auch die Standsicherheit. Ohne Sanierung droht mittelfristig eine Traglastbeschränkung oder sogar eine Vollsperrung.
Da der Zustand der tragenden Spannglieder bislang nur vermutet werden kann, wird im Oktober eine umfangreiche Materialprüfung durchgeführt. Sie kostet rund 210.000 Euro und soll klären, ob eine Sanierung noch wirtschaftlich vertretbar ist oder ein Neubau erforderlich wird. Erst danach wird sich entscheiden, in welchem Zeitraum und Umfang gehandelt werden muss.
Eine mögliche Sperrung der Brücke hätte erhebliche Konsequenzen, nicht nur für den Verkehr, sondern auch für die öffentliche Sicherheit. Die Feuerwehr Tinnum wäre bei einem Brückenausfall nur noch über Umwege einsatzfähig, da sowohl der aktuelle Standort an der Boy-Nielsen-Straße als auch der geplante Neubau gegenüber dem Futterhaus an der K117 nördlich der Bahnlinie liegen. Damit könnten die gesetzlich vorgeschriebenen Hilfsfristen für Einsätze im südlichen Teil Tinnums bei geschlossenen Schranken kaum eingehalten werden.
Wie der Brandschutz im Falle einer Vollsperrung gewährleistet werden kann, ist bislang offen.
Im Hintergrund werden bereits mögliche Zwischenlösungen diskutiert, etwa die stationäre Vorhaltung von Einsatzfahrzeugen südlich der Bahn oder eine engere Zusammenarbeit mit der Wehr in Westerland. Ob und in welchem Umfang diese Optionen technisch und organisatorisch umsetzbar sind, muss sich zeigen.
Neben der Feuerwehr wären auch viele Familien betroffen. Über die Brücke führen täglich die Schulwege zahlreicher Kinder aus Morsum, Archsum, Keitum und dem nördlichen Tinnum zur Boy-Lornsen-Schule.
Fiele die Brücke aus, blieben nur noch zwei Bahnübergänge: Ingewai und Königskamp. Beide sind wegen der langen Schließzeiten für Züge häufig nur eingeschränkt nutzbar. Besonders problematisch: Der Ingewai und die angrenzenden Straßen im südlichen Teil scheinen für Schulbusse nicht geeignet, sodass diese und die Elterntatxis im Falle einer Sperrung nur noch über den Königskamp oder den langen Umweg durch Westerland fahren könnten. Dies würde nicht nur längere Fahrzeiten und mehr Verkehrsbelastung bedeuten, sondern auch für viele Kinder einen längeren und teilweise unsicheren Schulweg.
Die nun laufenden Prüfungen sollen zeigen, wie gravierend die Schäden sind und ob die Brücke noch saniert werden kann. Sollte sich ein Neubau als notwendig herausstellen, würde das Projekt mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Eine Instandsetzung wird derzeit mit rund 2 Millionen Euro, ein Neubau mit etwa 6 Millionen Euro veranschlagt, Tendenz steigend.
Bis Ergebnisse vorliegen, bleibt vieles unklar. Sicher ist nur: Eine Sperrung der Tinnumer Brücke hätte Folgen, die weit über die Baustelle hinausreichen, für Feuerwehr, Schulkinder, Linienbusse, Anwohner und den gesamten Verkehr zwischen Tinnum, Keitum und Westerland.
Geschrieben von: Redaktion / veröffentlicht am: 15.10.2025










