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Bettina Dethloff macht sich Gedanken über das Verhalten mancher Zeitgenossen

Maskentanz in der Apotheke

Foto: Bettina Dethloff PTA Nadine Regge tauscht Maskenpäckchen gegen Berechtigungsschein.

Insel Sylt. Dass die Maskenpflicht sich zu Beginn der Pandemie nur zögerlich auf den Weg machte, hatte einen simplen Grund: Es gab zeitweise keine zu kaufen, was in unserer Wohlstandsgesellschaft zu Irritationen führte. Wir bekommen doch immer alles, und meist ganz fix. Doch wie wir alle wissen, wurde aus der Not die berühmte Tugend: Die gute alte Nähmaschine feierte ein grandioses Comeback. Wer keinen Stoff im Schrank hatte, zerschnitt einfach alte Hemden oder Geschirrtücher und nähte daraus Schnutenpullis. Doch das war nur der Anfang, die Exemplare wurden immer modischer, teils aus feinen Stoffen gefertigt, passend zum Lieblingskleid. So unterschieden sie sich nicht nur optisch, sondern auch in Bezug auf ihre Durchlässigkeit.
Um an den Weihnachtsfeiertagen (und natürlich auch danach) das Infektionsrisiko zu verringern, gab es im Dezember einen Eilbeschluss: Bundesbürger mit einer erhöhten Gefährdung, im Falle einer Infektion mit SARS-CoV-2 schwer zu erkranken, sollten kostenfrei FFP2-Masken gestellt bekommen. Die ersten drei konnten „ab sofort, ohne Beleg und in jeder Apotheke“ abgeholt werden, so verkündeten die Medien die gute Nachricht.

Ein Teil der 27,3 Millionen Anspruchsberechtigten machte sich schon auf den Weg, ehe die Pharmazeuten noch so richtig wussten, wie ihnen geschah. Entgegen der Aussage „Deutschland hat zu viele Masken gekauft und die müssen nun unter das Volk“, bekamen die Apotheken das begehrte Gut nicht aus Beständen des Bundes. Sie mussten die Masken auf den üblichen Vertriebswegen selbst besorgen.
19.000 Apotheken in Deutschland bestellten innerhalb weniger Tage Riesenmengen, und dies ausgerechnet im Weihnachtsgeschäft, wenn die Logistik ohnehin an ihre Grenzen stößt. Wie schon zuvor beim Toilettenpapier, bei Hefe oder den Gummibändern für selbstgenähte Masken, war die Nachfrage zeitweise nicht zu bewältigen. Die Bestände waren in Windeseile weg, die Nachlieferung stagnierte. Auf Sylt kam hinzu, dass sich im Dezember „gefühlt alle“ Zweitwohnungsbesitzer auf der Insel befanden, die auch versorgt werden wollten.
„Tut mir leid, wir haben momentan keine Masken.“ Unzählige Male fiel dieser Satz, und dies nicht allein am Handverkaufstisch, sondern auch am Telefon, welches ohne Unterlass klingelte.
Wir besänftigten, erklärten, baten um Verständnis. Oft mit mäßigem Erfolg…
Doch dann kam, hurra, eine große Lieferung! Die Freude im Team der Insel-Apotheke hielt ganze eineinhalb Stunden, dann war schon wieder alles weg.
Unsere Antwort zur Maskenfrage wandelte sich, nun hieß es: „Wir haben leider keine mehr und warten auf eine weitere Lieferung“. Dies freute unser Gegenüber natürlich auch wieder nicht.
Genauso wenig wie uns.

Während die Mehrzahl der Berechtigten ganz sicher ehrlich mit der Zuwendung umging, entdeckten die Jäger und Sammler unter ihnen eine neue Sportart.
Das Maskenhopping – sprich: Man holte sich die Masken nicht nur in einer, sondern in mehreren Apotheken, wie wir hier und da mitbekamen. Wie hoch die Dunkelziffer ist, wird für immer ein Geheimnis bleiben, doch ein Kunde drückte es sogar offen aus: „Es heißt doch, man könne sich die Masken in jeder Apotheke holen. Von einmalig war nicht die Rede.“ Diese Aussage machte uns dann kurz mal sprachlos.

Seit Januar lief es geordneter. Wer älter als 60 Jahre bzw. von bestimmten Vorerkrankungen betroffen ist, bekam zwei Berechtigungsscheine zugeschickt – gültig für je sechs FFP2-Masken. Und wir hatten soeben eine neue Lieferung bekommen.

Geschmeidig, so dachten wir. Es gibt Masken gegen Coupon und 2 Euro Eigenanteil. Nun konnte die Verteilung fröhlich neu durchstarten.
Doch zu früh gefreut. Nicht alle waren fröhlich. „Ich bin von der Zuzahlung befreit, wieso muss ich etwas dazu bezahlen?“ Oder: „Ich brauche ein anderes Modell, dieses sitzt bei mir nicht so gut.“ Das kam tatsächlich vor, doch hatten wir in Bezug auf die genaue Form der Maske oder Länge des Gummibandes keinen Einfluss. Anfang Januar waren wir schon glücklich, wenn wir jedem, der einen Anspruch hat, ganz unkompliziert sechs Masken mitgeben konnten. Und die wurden auch geholt von denjenigen, die vorher gesagt hatten: „So eine Maske würde ich niemals aufsetzen. Die drückt bestimmt im Gesicht.“

Einige hatten Sorge um ihr Make-up, andere meinten, sie würden „unter der Maske nach einer Minute ersticken“.
Anfangs hatten wir oft versucht zu beschwichtigen: Ob Handwerker bei bestimmten Arbeiten zum Schutz vor Feinstaub, Zahnmedizinisches Personal oder natürlich die Chirurgen, um nur einige Beispiele zu nennen – sie alle tragen schon immer Masken, oft den ganzen Tag.
Und sie leben auch noch.

Meist hatte die Antwort gelautet: „Bei denen ist das ja was ganz anderes…“
Im Zuge der Maskenausteilung sind ein verdeckter Lippenstift oder ein erhöhter Atemwiderstand aber kaum noch Thema. Seitdem es die FFP2s umsonst gibt, werden sie in der Regel von den Anspruchsberechtigten auch abgeholt. Das ist natürlich okay – jedenfalls, solange sie nicht im Müll landen.

Der zweite Coupon aus der Bundesdruckerei gilt bis zum 15. April. Weiterhin wird also eine Riesenmenge Schutzmasken in allen Apotheken verteilt. Doch es gibt ein neues Manko.
Inzwischen sind farbige Exemplare auf dem Markt und sogar welche mit Motiven.

Ein wenig komisch war es schon, als jemand den Maskencoupon auf den Tisch legte, mit den Worten: „Versuchen Sie erst gar nicht, mir dafür die weißen anzudrehen! Die sehen mir zu steril aus. Ich nehme nur welche in Farbe.“

Ich finde, diesem Wunsch sollten wir gerecht werden. Ich möchte grüne Masken. Denn Grün ist die Hoffnung. Und man soll die Hoffnung schließlich nicht aufgeben, dass einige Leute mal aufhören, wegen allem möglichen zu nörgeln.

Und das möchten wir selbst natürlich auch nicht. So schieben wir die anstrengende Kategorie gedanklich einfach mal beiseite. Und sagen an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die vielen freundlichen Kunden und Patienten der Sylter Apotheken. Danke für Ihr Vertrauen und für Ihre Treue. Unsere Türen stehen Ihnen offen. In guten und in schweren Zeiten.


/ veröffentlicht am: 19.02.2021
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