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Die Manfred Degen Kolumne

Kosmische Gedanken #08/2025

Foto: Archiv

Da kann ich nix gegen machen – das ist halt so: Ich wache jeden Morgen so gegen Vier Uhr 32 auf – fast jeden Morgen. Da hat man wohl, als die Platinen für mein Stammhirn zusammengelötet wurden, sich einen kleinen Spaß erlaubt. Und dann liege ich da und bin hellwach. Wacher geht gar nicht! Suppenteller große Augen, alle Schlafhormone aufgebraucht – und noch so viel elende Nacht über! Ich denke dann immer nach, über mich und über alle anderen auch. Wir sind ja mittlerweile schon recht viele. Über 8 Milliarden Menschen! Viele von denen kenne ich gar nicht. Meine Gedanken sind dann kristallklar. Die perlen nur so dahin. Dann denke ich oft, ich bin der einzige, der jetzt denkt, und ich spüre dann auch die Verantwortung: Jetzt bloß nichts Verkehrtes denken. Fragen über Fragen. Denken mit Mühsal. Ich spüre förmlich, wie meine Gedanken durch die Stirnlappen quietschen. Einmal habe ich gelesen, dass die gesamte Materie des Weltalls ursprünglich so groß war wie eine Haselnuss. Also, ich glaub‘ das nicht. Und das ist alles so lange her, da gab es auch noch gar keine Haselnüsse. Manchmal stehe ich dann auf und schaue zum Fenster hinaus. Draußen nix los, keiner zu sehen von den andern acht Milliarden. Einmal habe ich gedacht, dass die Erde gar keine Kugel ist, sondern eine Scheibe. Denn das bisschen Erdkrümmung da draußen, vor dem Fenster – hinter‘m Horizont – reicht doch gar nicht für eine Kugel! Solche Gedanken fallen mir nicht schwer. Dafür muss ich mich nicht einmal anstrengen. Richtig Arbeit ist es immer dann, wenn ich darüber nachdenke, ob es ein Leben nach dem Tod gibt. Darauf gibt es bisher keine klare Antwort. Ist Halligalli im Elysium, sitzen Oma und Opa da oben auf einer Wolke und warten auf André Rieu und Florian Silbereisen oder wird unseren Vorfahren tief da unten katholisch eingeheizt? Die Amerikaner haben vor zehn Jahren eine Sonde ins All geschickt. Diese Sonde ist jetzt zurückgekommen, nach 4 Milliarden Kilometern, hat die Erde wieder gefunden und ist sanft gelandet. Wie ist sowas möglich? Dass so etwas funktioniert! Mir fällt es schon schwer, morgens um vier Uhr 32 durch meine dunkle Wohnung zu tappern, ohne gegen den Türrahmen zu knallen – und die Amerikaner ellipsen ihre Sonde durchs All und bringen sie punktgenau nach Hause. Unglaublich! Unbestritten in der Denkerszene ist, dass unser All auseinander strebt, sich seit dem Urknall – quasi wie ein Feuerwerkskörper – explosionsartig in der Unendlichkeit ausbreitet. Irgendwann aber soll der kosmische Schwung nach außen erschlaffen, die gesamte Materie – also auch wir – werden kurzzeitig zum Stillstand kommen und dann alles – immer schneller werdend – wieder zum alten Mittelpunkt zusammenrauschen. Super Idee, tolle Inszenierung! Meine Sorge ist nur, dass ich diesen Zeitpunkt verschlafe, irgendwie verpasse. Denn dann, von diesem Augenblick an – und da sind sich die Wissenschaftler recht sicher – soll auch die Zeit ja wieder rückwärts laufen! Überleg doch mal: alles passiert noch einmal, nur rückwärts: Gestern ist dann morgen, die D-Mark kommt zurück, Angela Merkel übernimmt das Kanzleramt (…das schafft sie…), die Mauer wird neu errichtet, das Wembley-Tor wird korrigiert, ich fahr’ mit ‘nem Moped zur Milchbar, die Beatles und the King of Rock ’n’ Roll begleiten uns ein Stück, irgendwer will ‘nen Cowboy als Mann, mit 18 muss man den Führerschein wieder abgeben und zwei, drei Jahre später ist Schluss mit poppen und saufen, dann sausen wir durch das Strudelbad der Pubertät, es riecht kurz nach saurer Milch und Penaten-Creme, „hallo Mama“ – und tschüs…


Geschrieben von: Manfred Degen / veröffentlicht am: 24.04.2025
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