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Reihe: Baurechtskrise im Fokus

Hohe Mieten, kaum Neubauten

Foto: Dein Sylt Die Fertigstellung des Wohngebiets Westhedig vom KLM befindet sich auf der Zielgeraden.

Sylt. Sylt hat zu wenige Mietwohnungen. Sylt hat zu hohe Mieten. Und dennoch baut kaum einer? Wie passt das zusammen?

In der öffentlichen Diskussion wird zuweilen als unumstößliches Faktum ein ausgeprägter Wohnraummangel konstatiert. Daraus ergeben sich Fragen.

Ist der Wohnraummangel auf Sylt wirklich ausgeprägter als auf dem Festland? Und wenn es zu wenige Wohnungen gibt, wieso werden dann nicht ausreichend neue Wohnungen gebaut? Insbesondere wenn das Mietniveau so hoch zu sein scheint.

Blicken wir auf das nahe Festland:
Für Niebüll weist das international tätige Maklerunternehmen Engel&Völkers eine durchschnittliche Angebotsmiete von 10,99 € / qm kalt aus.
Der Blick in die Immobilienportale verrät: es gibt nahezu keine freien Wohnungen auf dem Markt in und um Niebüll. Fazit Niebüll und Umgebung: das Angebot ist gering. Die Mieten sind vergleichsweise erschwinglich.

Wie sieht es in Hamburg aus?
Jeder der schon einmal versucht hat in einer größeren Stadt wie Hamburg eine Wohnung anzumieten, der fand sich in einer langen Schlange mit zig und hunderten anderen Interessenten wieder. Und die Angebotspreise für Etagenwohnungen in Hamburg Nord lagen laut Engel&Völkers bei 18,85 € / qm Kaltmiete im vierten Quartal des vergangenen Jahres. Für Hamburg lässt sich festhalten: angespannter und hochpreisiger Mietwohnungsmarkt mit Nachfrageüberhang.

Wie sieht der Sylter Mietwohnungsmarkt aus?
In Ermangelung eines Mietspiegels ist man auf Erfahrungsberichte und Marktbeobachtung angewiesen. Die Angebotslage ist überschaubar und die Angebotsmieten liegen im Bereich von ca. 18-20 € / qm kalt.
Fazit zur Mietwohnungsmangellage: „Der Sylter Mietwohnmarkt ist ähnlich wie in Hamburgs guten Lagen, aber ohne das rettende und ständig erreichbare Umland mit günstigeren Mieten.“ Die Stichproben bestätigen die damit Berichte über das gesamte Bundesgebiet, nach denen offenbar bis zu 1 Million Mietwohnungen fehlen, insbesondere im niedrig- und mittelpreisigen Segment. Die Mietmärkte sind bundesweit angespannt.

Sind die Sylter Mieten überproportional hoch?
Die Kaltmieten sind in den nachgefragten Lagen wie Sylt und den Ballungszentren grundsätzlich hoch. Im Vergleich dazu sind die Mieten in den ländlicheren Gegenden geringer, bei ebenfalls geringer Angebotslage.

Der Mietpreis setzt sich einerseits aus den zugrundliegenden Kosten und zum anderen im Ausgleichsmechanismus zwischen Angebot und Nachfrage zusammen. Grundsätzlich sind gefragte und begrenzt verfügbare Güter nach dem Grundprinzip der Marktwirtschaft tendenziell hochpreisiger und margenträchtiger als Massenprodukte.
In Marktsituationen, die geprägt sind von einem Nachfrageüberhang wie auf Sylt, haben die Mietpreise dennoch eine natürliche Obergrenze: die Kaufkraft der Nachfrager. Selbst wenn die Nachfrage deutlich größer ist als das Angebot, so kann der Vermieter als Anbieter nicht beliebig viel fordern, zumal die Haushaltseinkommen keine höheren Mieten zulassen. Dies führt zur grundlegenden Herausforderung des Sylter Mietmarktes: die Baukosten in Ballungsräumen und nachfragten Orten wie Sylt sind ungefähr doppelt so hoch wie in ländlichen Gebieten wie zum Beispiel Niebüll. Allein aufgrund dieses Umstandes müssten die Mieten auf Sylt ungefähr doppelt so hoch sein wie in Niebüll. Hinzukommt, dass Grundstücke auf Sylt allerdings nicht nur doppelt so teuer, sondern oftmals ein vielfaches teurer sind als im ländlichen Raum. Aber der Vermieter kann seine Renditeerfordernisse nicht unbeschränkt am Markt durchsetzen. Das Verhältnis zwischen Miete und Anschaffungskosten der Immobilie ist folglich auf Sylt deutlich schlechter als in Niebüll. Die Rendite für eine Dauerwohnung auf Sylt folglich geringer.
Die Rendite ist sogar derart gering, dass im ungeförderten Bereich die Erstellung von Wohnraum nicht mehr möglich ist, ohne nach Abzug aller Kosten (Zinsen, Abschreibung, Unterhaltung etc.) eine negative Rendite zu erwirtschaften. Zu diesen Parametern ist es herausfordernd eine Bankfinanzierung zu erhalten. Fazit Mietpreishöhe: Selbst wenn die Mieten auf Sylt sehr hoch zu sein scheinen, ist festzuhalten, dass diese im Vergleich mit Gegenden mit geringeren Gestehungskosten überproportional niedrig sind. Ohne ö(entliche Förderung ist es nicht wirtschaftlich Dauerwohnraum zu kaufen oder zu bauen, zumal die Kosten für Grundstück und Bau überproportional höher sind zur Miethöhe als an anderen Orten.

Warum wird nicht mehr Dauermietwohnraum gebaut?
Die Forderung an die Wirtschaft und an die Privatmenschen mehr Dauerwohnraum zu bauen, scheitert folglich an den marktwirtschaftlichen Realitäten und läuft offenkundig ins Leere.
Ohne charitative Absichten oder massive Förderung ist die Wohnraumschaffung kaum mehr finanzierbar.
Eine Verpflichtung in den Bebauungsplänen zur Schaffung von Dauerwohnraum ist aus diesen Gründen moralisch opportun und legitim. Der positive Effekt für die Bevölkerung stellt sich jedoch in der Regel aufgrund der mangelnden Finanzierbarkeit und Wirtschaftlichkeit nicht ein.
Auch mit Blick auf die Gestaltung der Vererbung von dauervermieteten Wohnimmobilien ist festzuhalten, dass ohne wirtschaftliche Grundlage eine Vererbung an die nächste Generation oftmals nicht darstellbar ist (Auszahlung der Miterben und der Aufbringung der Erbschaftssteuer).
Wenn die vorangestellten Überlegungen mit einem der grundlegenden Rechtsgrundsätze des Zivilrechts zusammengeführt werden und auf die öffentlich rechtlichen Verpflichtungen aus einem B-Plan übertragen werden, nähert man sich der Erkenntnis zu einem der Hauptgründe für die ausbleibende Dauerwohnbautätigkeit.

Die Rede ist von dem Rechtsgrundsatz der durch den lateinischen Ausspruch “Impossibilium nulla est obligatio“ (zu deutsch: „Nichts ist Pflicht bei Unmöglichkeit“) zum Ausdruck gebracht wird. Die Logik dahinter ist, dass für einen Leistungsschuldner (in diesem Fall ein Grundstückseigentümer, auf den die Rechte und Pflichten aus dem für ihn gültigen B-Plan wirken) die Leistungspflicht entfällt, wenn es für ihn oder jedermann unmöglich ist diese Pflichten (Baupflicht einer Dauerwohnung) zu erfüllen.

Zusammenführung
• Der Dauerwohnraummangel auf Sylt ist nicht unbedingt größer als an anderen begehrten Orten. Allerdings fehlt Sylt das gut angebundene Umland, um der Hochpreisigkeit ausweichen zu können. Daraus erwächst eine Engpasssituation mit Blick auf Bereiche wie die Daseinsvorsorge
• Dauerwohnraum zu erwerben (und zu vererben) ist unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten ohne Förderungen kaum mehr möglich
• Die finanziellen Mittel des KLM sind begrenzt. Die Schaffung von bezahlbarem und attraktivem Mietwohnraum erfordert mehr Fördermittelzuweisung aus der öffentlichen Kasse
• Eine Forderung nach Dauerwohnraum in den Bebauungsplänen hat in der Vergangenheit nicht zu einer Ausweitung des Dauerwohnraumangebots geführt. Eine gegenteilige Entwicklung ist zu beobachten

Fazit

Wenn das Ziel der Ausweitung des Angebotes an bezahlbarem Dauerwohnraum sich nicht mit den altbekannten Mitteln in der Vergangenheit nicht erreichen ließ, könnte es an der Zeit sein, diese offenkundig unwirksamen Regularien zu überdenken.
Dem rechtlichen Grundprinzip im Umgang mit praktischer Unmöglichkeit folgend, liegt es nahe die Forderung nach Dauerwohnraum in den B-Plänen grundsätzlich zu überdenken und zu überlegen wie alternativ und vor allen Dingen tatsächlich spürbar für die Bevölkerung mehr Dauerwohnraum entstehen kann. Fördermechanismen für gemeindlichen, geförderten Wohnungsbau aus den touristischen Einnahmen könnte ein möglicher Ausweg sein.


Geschrieben von: Redaktion / veröffentlicht am: 01.02.2025
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