Merret reichts‘s: Der Alte Gasthof und was wir daraus lernen
Handeln? – Jetzt!
Foto: Merret reicht‘s Das Bürgernetzwerk „Merret reichts‘s“ war einer der Organisatoren der Kundgebung gegen den Abriss des Alten Gasthofes in List.List. „Was für ein Start ins Jahr 2023! Skrupellose Zerstörung von Sylter Kulturgut, eine bewegende Trauerfeier, ein irritierender Jahresempfang, Fassungslosigkeit, mutige Worte, falsche Anschuldigungen, Grabenkriege … Doch fangen wir von vorne an“, meldet sich „Merret reicht‘s“ zum Alten Gasthof zu Wort.
„Wenn sich auf Sylt an einem Sonntagnachmittag weit über 500 Menschen aller Couleur nach List begeben, um ihre Empörung, Trauer und Fassungslosigkeit zu bekunden, dann muss der sprichwörtliche Baum brennen. Oder eben – wie in diesem Fall – zur Jahreswende ein Haus ohne Genehmigung abgerissen worden sein. Der Alte Gasthof hat jahrhundertelang Stürmen und Unbill getrotzt. Es war ein Zuhause, Treffpunkt und Wirkungsstätte für so viele Menschen. Es hat dem Ort Seele, Identität und bauliche Schönheit beschert.
Ohne Frage: Alle Beteiligten fanden – über Parteigrenzen und mögliche Interessenlagen hinweg – deutliche Worte, um ihrem Entsetzen Ausdruck zu verleihen. Auch die Flut der Berichterstattung auf allen Kanälen, die Kommentare, Social-Media-Posts und Leserbriefe von Sylterinnen und Sylter sowie Gästen, und die Aufgeregtheit rund um den Lister Neujahrsempfang machen die Brisanz dieses Ereignisses und hoffentlich auch eine neue Entschiedenheit deutlich: Die Zeit der Lippenbekenntnisse, des dumpfen Zusehens, des Weglächelns und Schönredens muss ein Ende haben.
Fakt ist: Sylt steckt in einer tiefen Krise – das wüste Grundstück an der Lister Alten Dorfstraße ist das perfekte Bild für diesen Zustand. Es ist eine Krise, die viele Gesichter hat und keine einfachen Lösungen kennt. Will man Sylt tiefgreifend vor Seelenlosigkeit, Profitgier und Ausverkauf bewahren, müssen jetzt alle, die die Insel lieben, ihren Popo vom Sofa bekommen, sich informieren, knietief in Themen einarbeiten, Sitzungen besuchen, Fragen stellen, sich politisch oder außerparlamentarisch (bei den Merrets oder woanders) engagieren, mitgestalten, mindestens aber im Mai wählen gehen. Das „Drama von List“ lückenlos aufzuklären oder endlich das „Beherbergungsgutachten“ auf den Weg zu bringen, sind Entscheidungen, die jetzt sofort getroffen werden müssen.
Wir, die Merrets, sind ungemütlich für die gewählten Vertreter und werden daher oft als schamlose Störenfriede diskreditiert. Das liegt in der Natur der Sache. Während wir außerhalb der Insel gerne als Retter gelten, was ebenso übertrieben ist, kämpfen wir hier mit Vorurteilen und Feindbildern. Rund um den Neujahrsempfang in List und die Einwohnerversammlung in Wenningstedt wurde das besonders deutlich. Es kursierten sogar Gerüchte, wir würden die Veranstaltungen sprengen wollen. Nichts liegt uns ferner. Das ist nicht unser Stil. Wohl aber wollen wir anstrengend, beharrlich und präsent sein, Fragen stellen und unsere Meinung kund tun, diskutieren, zu neuen Lösungen inspirieren. Aber auf Grabenkriege und Feindbilder lassen wir uns nicht ein.
Wer als Kommunalpolitiker nicht in die Diskussion einsteigt, keine andere Haltung hören will, allergisch auf kritische Bürger und insbesondere auf uns als Bürgernetzwerk reagiert, hat Demokratie nicht verstanden. Wir bei Merret engagieren uns wie die Ortsparlamentarier ehrenamtlich, sind nicht unfehlbar, tragen Verantwortung und lassen uns an unseren Taten messen. Als Bürger haben wir die Pflicht, die gewählten Vertreter zu erkennen und abzuwählen, deren Motivation Eigennutz und Machtmissbrauch ist.
Und ja, zurück zum Anfang: Wir, die Merrets, werden alles dafür tun, was in unserer Macht liegt, dass Sylter Kulturgut nie wieder ruchlos abgerissen werden kann und dass der Kurswechsel für eine liebens- und lebenswerte Insel Wirklichkeit werden kann.“
Geschrieben von: Redaktion / veröffentlicht am: 17.01.2023