Der Ball ist rund - oder: das Runde muss ins Eckige
Fußball auf der Insel Sylt

Sylt. In den vergangenen Wochen haben wir einen Blick auf die Entwicklung des Sylter Fußballs geworfen. Wir betrachteten die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, den Aufstieg des Inselfußballs, dessen Höhenflug beinahe in der zweiten Liga endete, und widmeten uns auch dem Kapitel F.C. Sylt. Mit Zeitzeugen sprachen wir, um uns ein klares Bild zu verschaffen. Nach Abschluss unserer Recherchen haben wir die Puzzleteile zusammengesetzt, um herauszufinden, warum die Gegner heute nicht mehr VfB Lübeck oder Holstein Kiel heißen.
1991 spielte der TSV Westerland noch in der zweithöchsten Landesklasse, der Landesliga. Doch nachdem Ende der 80er Jahre die Generation um Popp, Schultz und Prahl ihre Karrieren beendete, wurde es für die Sylter schwierig. Der Abstieg in die Bezirksliga folgte, in der das Team einige Jahre verweilte. Der TSV spielte sogar zeitweise um den Aufstieg mit und war Dauergast auf dem vierten Platz, bevor 1998 der Abstieg aus der Bezirksliga erfolgte.
In der Bezirksklasse traf man dann auf Tinnum 66 – ein ungleiches Inselduell. Das Tinnumer Team stieg ab, die Westerländer stiegen wieder auf. Für den TSV Westerland folgte in der Bezirksliga die letzte Saison der glorreichen Vereinsgeschichte. Ab 2002 verschmolzen die Inselvereine – mit Ausnahme des SC Norddörfer – zum Team Sylt. Der Startplatz des TSV Westerland wurde übernommen, und mit dem gewonnenen Spielermaterial schlug sich das Team in der Liga eine Saison wacker, um dann 2005 in die Kreisliga abzusteigen. Nur wenige Jahre später gründete Koppelt den F.C. Sylt – mit bekanntem Ergebnis. Die Folgen waren für den Sylter Fußball, der ohnehin auf tönernen Füßen stand, schwerwiegend und absehbar. Zwar übernahm der SC Norddörfer zusammen mit Team Sylt den Startplatz in der Bezirksoberliga, stieg jedoch sang- und klanglos ab. Der SCN zog sein Herrenteam zurück und trat erst einige Jahre später wieder in Erscheinung.
Seither kicken die Teams in den unteren Ligen – mal besser, mal schlechter. Der SC Norddörfer entwickelte sich zu einer Fahrstuhlmannschaft, die zwischen Kreisliga und Kreisklasse A und B pendelt. Das Team Sylt, einst ein Vorzeigeprojekt, dümpelt aktuell in der tiefsten Liga der deutschen Fußballpyramide.
Die Entwicklung des Sylter Fußballs spiegelt das wider, was wir täglich auf der Insel erleben – und sie ist kein reines Inselphänomen. Ganz Deutschland scheint darunter zu leiden. Es war die Babyboomer-Generation, die Jahrgänge der mittleren 60er Jahre, die deutschlandweit für einen Fußballboom sorgte. Anfang der 2000er hatte jedes Dorf eine, wenn nicht sogar zwei Mannschaften – so auch auf Sylt. Wir haben von TuS Stephan, TSV Morsum, Fortuna Rantum, FC Süd-West, TSV Westerland, Tinnum 66, SV Hörnum, den Sportfreunden List, UI Westerland und dem SC Norddörfer gehört. Überall wurde gespielt, teilweise mit zwei Herrenmannschaften pro Verein, beim TSV Westerland sogar mit drei Teams. Doch die Babyboomer-Generation war endlich. Mit Beginn des neuen Jahrhunderts schmolzen die Teams dahin, die Spieler wurden älter, Familie und Beruf gewannen an Bedeutung. Viele hängten die Fußballschuhe an den berühmten Nagel.
Vereine wurden auch auf dem Festland zusammengelegt. Ging es früher gegen Flensburg 08, heißen die Gegner heute SG Langenhorn/Achtrup/Leck. Die Insellage lässt keine Erweiterungen zu. Welche Lösungen bieten sich an? Spieler vom Festland holen? Problematisch, denn selbst in den unteren Klassen gibt es heute teilweise ein fürstliches Handgeld. Natürlich würde jeder Vereinsvorstand das bestreiten, doch das Auszahlen mit dem berühmten Geldumschlag hat Tradition. Nur: Nach Sylt will kaum jemand. Stundenlanges Pendeln ist für viele Spieler nicht möglich, und auf dem Festland sind die Möglichkeiten vielfältiger.
Was die verbliebenen Fußballsparten von Team Sylt und SC Norddörfer auszeichnet, ist die Jugendarbeit. Arne Matthiesen, Präsident von Team Sylt, sagte uns dazu: „Wir haben so einen starken Zulauf. Das einzige Limit ist das Ehrenamt. Denn die Jugendteams können nur so stark wachsen, wie es Trainer- und Betreuerposten gibt.“ Wer sich die Jugendspiele der Teams anschaut, erkennt, welche tollen Talente sich hier mittlerweile wieder versammeln. Berufungen in Auswahlmannschaften erfolgen für viele Nachwuchsspieler. Doch schon hier gibt es Hürden: Das Training findet in Malente oder Joldelund statt – ein schwieriges Unterfangen zwischen Hausaufgaben, Fußballplatz und letztem Autozug.
Und doch gehört die Zukunft dem Sylter Fußball. Elf Jugendteams stellt das Team Sylt. Die E-Jugend ist Meister geworden, ebenso der ältere Jahrgang der D-Jugend und die jüngere D-Jugend. Bei den C-Junioren reichte es für einen dritten Platz, während die C-Juniorinnen im Pokalfinale des Kreises stehen und den Vizemeistertitel anstreben. Die B-Juniorinnen stehen kurz vor der Meisterschaft, und die B-Junioren kämpfen um den zweiten Platz. Auch die A-Jugend steht auf dem ersten Tabellenplatz und hofft auf den Titel. Alle anderen Teams stehen im gesicherten Mittelfeld – mit Tendenz nach oben. Auch beim SC Norddörfer tut sich einiges: Sieben Jugendteams treten in den Ligen an, in diesem Jahr mit etwas weniger Erfolg. Aber am Ende zählt die Freude am Spiel – und die 18 Jugendmannschaften sind ein Erfolg für die ganze Insel!
Und bei den Erwachsenen? Das Team Sylt hat den Aufstieg in die Kreisklasse B knapp verpasst. Am Ende war es ein abgesagtes Spiel mit knallharter Wertung gegen das Team – da halfen auch die großartigen Kantersiege und das überlegene Spiel nach der Winterpause nicht. Anders der SC Norddörfer, der in die achte Liga der Ligapyramide aufgestiegen ist – herzlichen Glückwunsch! Die Damen des SCN erreichten einen vierten Platz und zeigen, welches Potenzial im Frauenfußball auf Sylt steckt. Wir sind gespannt, welche Erfolge wir in der nächsten Saison feiern werden – und freuen uns darauf!
Abschließen wollen wir unsere Serie mit einer Bitte: Unterstützt die großartige Arbeit der Sylter Vereine. Meldet Eure Kinder beim Handball, Fußball und Basketball an. Auch die anderen Sportarten brauchen den Nachwuchs. Auch Sponsoren werden natürlich gesucht, um den nächsten Schritt zu gehen.
Foto: Freepik
Exklusive Anzeigen aus der Printausgabe
Geschrieben von: Alex Lenz / veröffentlicht am: 07.06.2025