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Punks haben ihr Camp am Rathaus verlassen

Freifahrt nach Hamburg

Foto: Nicole Lütke Kurz nach der Räumung hat sich die Gruppe übriggebliebener Punks in der Wilhelmstraße aufgehalten – trotz Platzverweis.

Westerland. Die Mitarbeiter des Bauhofs werfen die letzten Reste des Demonstrations-Camps am Rathaus auf einen Haufen. Ein Radlader kommt, um die Mülltüten und Hinterlassenschaften aufzuladen. Der Spuk ist vorbei, das erste Punk-Camp auf der Insel ist Geschichte. Diese ist am Mittwochmorgen friedlich und ohne Störungen zu Ende gegangen. Doch ob das wirklich das Ende der Punks auf Sylt bedeutet? – Mit ihren Einkaufswagen und den Habseligkeiten ist die kleine Gruppe von rund zehn Personen in die Wilhelmstraße gezogen und hat sich vor Rossmann eingerichtet.
Polizeikräfte aus Schleswig-Holstein umstellen kurz vor 9 Uhr am Mittwochmorgen den Park. Wie viele es genau sind, möchte Polizeisprecherin Sandra Otte nicht sagen. Zu diesem Zeitpunkt befinden sich noch rund 20 Bewohner im Camp. Bürgermeister Nikolas Häckel fordert sie per Megafon auf, den Park zu räumen. Er wird beschimpft: „Wer bist du überhaupt?“, ist noch harmlos.
Die Protestierer fangen an, langsam ihre Sachen zu packen. Vieles hat sich in den vergangenen drei Monaten dort angesammelt – von einem Sofa über leere Flaschen bis zu Holzpaletten, aus denen Schlafgelegenheiten improvisiert wurden. Es geht nur langsam voran. Schaulustige finden sich ein, zücken ihre Handys. Ein Erinnerungsfoto an das erste Punk-Camp auf Sylt. „Geht mal arbeiten“, ruft ihnen ein Punk entgegen. Der Hausrat wird in Einkaufswagen verstaut.

Das Zeug, das nicht mitgenommen werden soll, wird später vom Bauhof entsorgt. So zieht sich die Zeit dahin. „Das ist keine Räumung, die räumen ihre Sachen von links nach rechts“, sagt der Rathaus-Chef. Er fordert die Bewohner um 9.15 Uhr zum zweiten Mal zum Gehen auf. Und wieder prasseln Beschimpfungen auf ihn ein.

„Nach einer dritten Verwarnung geht die Polizei rein und räumt“, sagt Häckel. Wie er sicherstellen will, dass die Punks von der Insel abreisen? „Bundespolizei ist auch vor Ort, die die Bahnfahrt begleiten kann.“ Auch ein Richter ist vor Ort, der anordnen kann, dass die Punks in Gewahrsam genommen werden, sollten sie den Anweisungen nicht Folge leisten.
Später spricht Häckel Platzverweise für die Wilhelmstraße samt Brunnen, dem Areal zwischen Bahnweg und Hebbelweg sowie die Maybachstraße aus. Immer wieder besprechen sich die Verantwortlichen, wie die Räumung ohne Eskalation über die Bühne gehen kann.

Ein bisschen Zeit für politische Statements bleibt noch: Ein Camp-Bewohner setzt sich auf das alte Camp-Sofa und erklärt, warum die Protestierenden überhaupt nach Sylt gekommen sind. „Das System ist unmöglich, um darin gut und demokratisch zu leben. Wir müssen das System ändern, denn hier gibt es keine soziale Marktwirtschaft.“ Er prangert den Konsum an, die Überflussgesellschaft, die Spekulation mit Wohnraum auf Sylt. Und er prangert die Umwelzerstörung an: „Wir stehen vor einem ökologischen Kollaps.“

Die dritte Warnung wird ausgesprochen: Bis 10.45 Uhr müssen die Bewohner das Camp endgültig verlassen haben. Dieser Aufforderung wird nachgekommen, langsam schieben die ehemaligen Bewohner die letzten Einkaufswagen Richtung Innenstadt. Andere haben die Insel wohl schon verlassen. Am Ende werden es mehr Schaulustige als Punks sein. Davon können einige die Anliegen der Protestierer sogar gut verstehen und nachvollziehen: „Sie haben sicher mit einigem recht, aber diese Art des Protestes ist der falsche Weg.“ Andere sind skeptisch, ob die Punks die Insel wirklich verlassen oder nicht sogar wiederkommen. „Die hauen nicht ab und wenn, dann nur kurz.“

Ein Zaun um den Rathauspark soll später dafür sorgen, dass er wieder hergerichtet werden kann. Das teilte Nikolas Häckel auf seiner Facebook-Seite mit.
Die Polizei hat den Einsatz positiv beurteilt: „Das Camp wurde durch die Bewohner verlassen und musste polizeilich nicht geräumt werden. Für uns war das ein ruhiger Polizeieinsatz.“
Kurz nach dem Einsatz gibt es für die ehemaligen Bewohner erstmal eine Stärkung in der Wilhelmstraße. Am Nachmittag werden sie von der Polizei zum Bahnhof begleitet. Die vier Gruppentickets nach Hamburg werden von der Ordnungsbehörde gestellt – und so, wie die Punks im Juni auf der Insel angekommen sind, sind sie nun wieder abgereist.
Das war ein besonderer Sommer auf der Insel, den weder die Punks noch Einheimische und Gäste so schnell vergessen werden.


Geschrieben von: Nicole Lütke / veröffentlicht am: 16.09.2022
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