Dorfmanagerin Gesa Michaelsen zieht Reißleine
Beim Ehrenamt gibt‘s Bedarf
Foto: Sylt ConnectedGemeinde Sylt.(sc) Wie schnell drei Jahre vergehen können, spürte Gesa Michaelsen jüngst am eigenen Leib: Kaum war sie so richtig in ihrem Amt als Dorfmanagerin angekommen, näherte sich schon das Ende ihres befristeten Arbeitsvertrages. Weil vier Monate vor Ablauf noch immer nicht klar war, ob sie danach weiterhin für die Gemeinde Sylt hätte tätig sein können, zog sie vier Monate vor Vertragsende die Reißleine. Wir haben mit ihr über diese Entscheidung gesprochen.
Im Mai 2020 sprachen wir zuletzt über Ihre Aufgabe als Dorfmanagerin. Damals hatten Sie noch große Pläne, und jetzt haben Sie das Arbeitsverhältnis freiwillig beendet. Was ist in der Zwischenzeit passiert?
Die Befristung fühlte sich immer weniger gut an. Es wurde seitens der Selbstverwaltung wenig unternommen, mir gegenüber eine Verbindlichkeit herzustellen.
Welches Resümee ziehen Sie aus Ihrer Zeit als Dorfmanagerin?
Natürlich lief nicht immer alles ohne Konflikte. Zum Beispiel habe ich mich viel mit der Initiative „Merret reicht’s“ auseinandergesetzt. Das fand nicht jeder gut, weil die Gruppierung nicht jedermanns Meinung widerspiegelt. Aber das ist Bürgerbeteiligung, und die ist wichtig. Dabei spielt es keine Rolle, wofür oder wogegen die Bürger sind, solange sie sich auf dem Boden der Verfassung bewegen.
Manchmal braucht es sogar jemanden, der diese Bürgerbeteiligung einfordert. Das zeigt der Multipark: Kurz vor Schluss bäumt sich auf einmal Widerstand auf, der wäre zu einem früheren Zeitpunkt viel sinnvoller gewesen. Man muss die Bedürfnisse der anderen nicht immer verstehen, aber man muss sie im Auge behalten – auch, wenn man andere Interessen hat. Wer stets nur seine eigenen Interessen durchsetzen will, handelt unsolidarisch.
Wo konnten Sie am meisten bewirken?
Sicherlich beim Ehrenamt. Da gibt es einen Bedarf, Dinge anzuschieben und zu koordinieren. Es gibt das Land und den Kreis, die Fördermittel und Informationen an uns herantragen. Die müssen weiter in die Vereine getragen werden. Außerdem laufen viele Vereine Gefahr, bei der Digitalisierung abgehängt zu werden, weil es diesbezüglich noch an Kompetenz fehlt. Die daraus resultierende Idee war das Kompetenzzentrum für Ehrenamt und Beteiligung.
Was hat es damit auf sich?
Gemeinsam mit dem Inseljugendpfleger, der Musikschule und anderen Institutionen sollte ein Kursangebot und Treffpunkt für digitale Kompetenzen entstehen: Videoaufnahmen, Podcasts und Tutorials, um digitale Werkzeuge nutzen zu können. Wir hatten dafür bereits die Räumlichkeiten der ehemaligen Westerländer Speeldeel neben der Musikschule ins Auge gefasst.
Ist diese Idee jetzt gestorben?
Ganz und gar nicht. Die Idee war Thema im Finanzausschuss, der den Ball zurück zum Jugend-, Kultur und Sportausschuss gespielt hat. Dort hat man sich jetzt darauf verständigt, dass man sie genauer ausarbeiten muss. Das wird jetzt getan, dabei spiele ich nur keine Rolle mehr, weil mir das für meine persönliche Zukunft zu unwägbar war. Bürgermeister Nikolas Häckel kämpft aber weiter dafür.
Was passiert nun mit dem Amt der Dorfmanagerin?
Das war ein Förderprojekt, das nun ausläuft. Drei Jahre sind zu kurz, eine solche Aufgabe in Strukturen zu gießen, die Versuch und Irrtum hinter sich gelassen haben. In einer Gemeinde, die über Sozialamt, Senioren- und Gleichstellungsbeauftragte, Inseljugendpfleger und andere Ansprechpartner verfügt, ist diese Kümmerer-Idee im sozialen Bereich vielleicht auch gar nicht so erforderlich.
Mit welchem Gefühl blicken Sie auf Ihre Zeit als Dorfmanagerin zurück?
Mit mehr als nur einem weinenden Auge. Man hat so viel gemacht, zuletzt die Filme für das Ehrenamtsprojekt „Hand op Hart“ – das war ein tolles Projekt. Wenn man da noch mittendrin steht und sich dann entscheidet zu gehen, das ist krass. Im Rathaus habe ich auch stets hilfreichen Rat erhalten, vom Bürgermeister wie auch von Kolleginnen und Kollegen, die mir immer sehr guten Rückhalt gegeben haben. Das werde ich als sehr angenehm in Erinnerung behalten.
/ veröffentlicht am: 26.10.2021