Die Manfred Degen Kolumne
Auf der Müllhalde #14/2025

Ich bin ein eifriger Mülltrenner. Wirklich jetzt. Trotzdem oder gerade deswegen muss ich doch ab und an mal unseren Entsorgungspark aufsuchen.
Neulich erst war ich mal wieder total zugemüllt: Acht Sack Grasschnitt, ein paar Eimer Farbreste, ein vergammelter Rollkoffer mit Rumpelrädern und röhrenbefeuerte Unterhaltungselektronik, die schon zu Adenauers Zeiten James Last abgespielt hat und seit gefühlten 20 Jahren meinen Keller blockiert. Sollten doch, so dachte ich, die Jungs in Westerland-Süd sich drum kümmern.
Ich also hin und werde gleich an der Pforte angeblafft: „Was willst du denn hier – du blockierst die Einfahrt!“
Voller Demut senkte ich das Haupt: „Ach, Herr Entsorgungsmeister, ich hätte da ein wenig feinst sortierten Müll anzuliefern. Seid versichert, mein Gebieter, es ist alles vorschriftsmäßig getrennt.“
Der Meister der Halden schaute mich an, als hätte ich ihm in den Schritt gefasst: „…was, du hast Müll mit-
gebracht? Bist du waaahnsinnig? Der ganze Hof ist schon voll damit!“
Ich lobte meine Mitbringsel: „…das ist Premium-Grasschnitt, damit stopft sich sogar Gevatter Igel sein Kopfkissen.“ „Graasschnitt… Gartenabfälle…?“ Mein Gegenüber musterte mich entsetzt: „Bist du gestört? Das ist Öko-Sondermüll – da kostet die Entsorgung pro angefangenen Kubikmeter 375 Euro!“
Den Tränen nahe lobpreiste ich meine weiteren Schätze: „…und dann habe ich noch einen klitzekleinen Rest Farbe, ganz gesunde Ökofarbe, getestet, das Zeug können Sie sogar trinken … das ist gesünder als Muttermilch!“
Der Müllmeister schaute mich mit
kalter Verachtung an. Und kläffte: „Das ist Sondermüll der Tschernobyl-Klasse. Den sammeln wir kostenfrei ein – jedes Schaltjahr am 29. Februar, wenn er auf einen Freitag fällt!“
Daraufhin entpuppte sich die Entsorger-Truppe hinter dem Tresen, die unserem Geplänkel lustvoll lauschte, als schenkelklopfende, hämisch lachende Horde.
„…und solange musst du das Zeug in
deinem Kühlschrank aufbewahren“, krähte der Müllspecht und ärmelte sich die Lachtränen aus dem Gesicht.
„Wir kommen jeden Tag vorbei und kontrollieren das!“
Ach, was soll‘s. Mag er im Umgangston etwas volkstümlich – vielleicht sogar rabaukesk wirken, vielleicht ist die eine oder andere Formulierung für sensible Menschen verstörend, so ist er bestimmt ein treusorgender Vater, ein liebender Ehemann, im Ehrenamt für die Tafel abgelaufene Lebensmittel zusammensammelnd. Wer weiß das schon?
Ich wollte nun für diese Dienstleistung das Entgelt bezahlen und fragte: „Nehmen Sie auch Kreditkarten?“ Da beugte sich mein Kompost-Entertainer vor, packte mich mit seinen toilettendeckelgroßen Händen und zog mich über den Tisch: „Pass mal auf, du Suppentrulli“, zischte er und laserte mich mit seinen blutunterlaufenen Augen:
„Natürlich nehmen wir Kreditkarten: Als Sondermüll der Klasse 3a! Und der kostet 420 Euro pro angefangenen
Kubikmeter…!“
Geschrieben von: Manfred Degen / veröffentlicht am: 19.06.2025