Die Manfred Degen Kolumne
1000 Schmetterlinge #10/2025

Jetzt ist wieder die Zeit, in der wir morgens vom Vogelgesang geweckt werden – Glücksflutungen bei Sonnenaufgang. Der Forscher Richard Prum berichtet von der Lawrence-Drossel, bei denen die Männchen die Stimmen von mehr als 170 Vogelarten im Repertoire haben: „Sie imitieren andere Vögel, weil deren Gesang einen ästhetischen Wert für sie hat.“ Schön, dass wir mit dem Talent nicht allein auf der Welt sind.
Und der Wortkünstler Matthias Heine zählt die vielen Verben auf, mit denen im Deutschen der Nachtigallen-Gesang beschrieben werden kann: „Kadenzt sie? Tiriliert sie oder sind die Töne mit Glucken recht benannt? Ist ihr Lied ein Flöten, Schmettern oder Girren? Auch mit trillern, wirbeln, schluchzen, rollen, pfeifen, dichten und knarren hat man versucht, die Laute der Nachtigall zu beschreiben…“
Wie ist das Leben schön!
Einfach morgens um vier Uhr aufstehen, auf den Balkon setzen und dem Vogelgesang lauschen. Wo ist das Problem?
Das stand kürzlich in der Zeitung:
Auf Zypern (EU-Nehmerland) werden pro Jahr 2,3 Millionen (!) Singvögel gefangen, getötet und verspeist. Lerchen, Nachtigallen und Amseln, die uns mit ihrem Gesang die Glückstränen in die Augen treiben (…getrieben haben) schlingen die Zyprioten mit Knoblauch hinunter, kippen einen harzigen Wein hinterher, rülpsen laut und schauen auf ihre Kontoauszüge, ob die Hilfsgelder aus Brüssel schon angekommen sind.
Da kriegt man schon beim Lesen ‘nen dicken Hals.
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Ganz anders erging es mir bei der Lektüre von „Men‘s Health“, dem Zentralorgan der Anabolika-Großverbraucher. Ein Leser fragte dort an, ob er seine Fitness mit Sex verbessern könne. Die Antwort lautete: Ja, denn bei einer Stunde Sex verbrennt man so um und bei 500 bis 800 Kalorien, je nach dem, wie man performt. Das hab ich jetzt mal durchgerechnet: bei 3 Stunden Sex sind das pummelige 2000 cal (allerdings mit Pausen für die Instagram-Fotos) und dann ist ja auch noch der/die Gegenüber, beziehungsweise Untendrunter oder Obendrauf: Der/die verhechelt ja auch so um die 2000 cal – und wenn sie dabei die ganze Zeit sabbelt, entsprechend mehr!
Da steigt dann genügend Wärme auf, um tausend Schmetterlinge in den Himmel flattern zu lassen.
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„Mare“, die Zeitschrift der Meere bestätigt immer wieder, dass wir in Schleswig-Holstein die glücklichsten Menschen Deutschlands sind, weil – na klar – wir im Land zwischen den Meeren leben. (… wegen der aufsteigenden Schmetterlinge). Besser geht nicht!
Dort wurde mal von einer brachialen Rheuma-Therapie aus dem Australien des 19. Jahrhunderts berichtet. Ein Wal-Kadaver wurde an den Strand gezogen und tiefe Löcher in den langsam verwesenden Körper geschnitten. Dann stiegen Patienten in das Walfett und verblieben dort – mit Pausen – 20 bis 30 Stunden. Ob‘s je geholfen hat, ist leider nicht überliefert, die Patienten jedoch umflorte anschließen ein fürchterlicher Geruch – unausstehlich für Mensch und Tier.
Nun ja – ich sach mal so – wer schon einmal auf dem Oktoberfest in München einen Trupp Australier nach der Druckbetankung begegnet ist, wundert das nicht.
Bei der Walanlandung im Februar in Hörnum hätte man diese schöne Tradition ja wieder aufleben lassen können – zumindest für Privat-Patienten.
Geschrieben von: Manfred Degen / veröffentlicht am: 08.05.2025